Die rosarote Brille als Beispiel für mentale Verzerrungen
Stellen Sie sich vor, Sie lieben jemanden. In dieser speziellen Phase können Sie die Welt mit einer übermäßig optimistischen Perspektive oder durch eine „rosarote Brille“ wahrnehmen. Alle Gesten und Blicke des Objektes der Begierde werden als interessiert, absichtsvoll und bestätigend interpretiert, obwohl jemand ohne diese „Brille“ die gleichen Aktionen ganz anders beurteilt. Es ist wichtig, sich dessen bewusst zu sein und diese verzerrende Rosarote Brille „abzunehmen“, um so eine klare und objektive Sichtweise zu bekommen.
In Bezug auf sexuelle Übergriffe können mentale Verzerrungen dazu führen, dass man die Verantwortung vom Täter auf das Opfer verschiebt. Wenn jemand ein Kind sexuell missbraucht, wirken vor, während und nach dem Übergriff aktiv diese Verzerrungen. Dies kann zu Begründungen wie: „Das Kind möchte seine Sexualität auf die gleiche Weise erleben wie Erwachsene“, „Wenn das Kind sich nicht wehrt, muss er/sie es wollen“ und „Dies war das letzte Mal“ führen. Wenn es Menschen nicht gelingt, diese Verzerrungen zu erkennen und zu kontrollieren, laufen sie Gefahr, einen sexuellen Übergriff (erneut) zu begehen.
Wie können Sie die rosarote Brille abnehmen?
Denken Sie an eine Situation, in der ein hohes Risiko bestand, dass Sie einen sexuellen Übergriff begehen oder in der Sie bereits einen sexuellen Übergriff begangen haben. Verwenden Sie dann die folgende Übersicht, um Ihr Erleben und Verhalten zu bewerten:
Machen Sie sich Ihrer mentalen Verzerrungen bewusst
- Was ist in Ihrem Kopf vorgegangen?
- Was genau waren Ihre Gedanken in der Situation?
- Was haben Sie sich selbst in der Situation gesagt?
Hinterfragen der mentalen Verzerrungen
- Waren Ihre Gedanken logisch?
- Basierten ihre Gedanken auf Fakten?
- Gab es Beweise für die Richtigkeit Ihres Denkens?
- Waren die Gedanken hilfreich?
- Was waren die Vorteile eines solchen Denkens? Was waren die Nachteile?
Entwicklung von geeigneten funktionalen Gedanken
- Was hätten Sie rückblickend in dieser Situation möglicherweise noch denken können?
- Was hätte ein Freund in dieser Situation gedacht?
- Welche Interpretation der Situation erscheint realistischer?
- Was können Sie stattdessen sagen, wenn Sie wieder in dieselbe Situation geraten?
Training von funktionalen Gedanken
- Machen Sie sich mit den Vorteilen dieser funktionalen Gedanken vertraut.
- Schreiben Sie sich funktionale Gedanken auf eine Karteikarte.
- Wiederholen Sie diese funktionalen Gedanken immer wieder.
- Stellen Sie sich vor, wie Sie sich in der nächsten Risikosituation an diese funktionalen Gedanken erinnern werden.